Donnerstag, 26. Februar 2009

Freudenfeuer

nein, desillusionierung ist ganz sicher kein spaß... es hat manchmal eher was von einem amoklauf. als würde man alles was man je erlebt hat, jeden menschen, den man je gekannt hat und je kennenlernen wird, alles was man je gedacht, gefühlt oder getan hat, jeden äusseren umstand, jeden menschen der erde inklusive sich selbst mit benzin übergießen und bei vollem bewusstsein miterleben wie alles verbrennt. die fragen, die alles in brand setzen sind "was gibt halt? worauf kann ich mich verlassen? was ist wirklich sicher in diesem leben?". und es sind dieselben fragen, die auf das hinweisen was nicht brennbar ist, was halt gibt indem es keinen halt braucht, auf das ich mich im wahrsten sinne des wortes verlassen kann indem ich mich dafür verlasse, was in diesem leben wirklich sicher ist weil es keine sicherheiten nötig hat. aber es scheint so zu sein, dass um das zu erkennen erst alles was brennbar ist auch wirklich in flammen stehen muss.

dabei stehen die umstände, menschen, gefühle, erlebnisse, alles was kommt und geht in wirklichkeit schon immer in flammen. es liegt in der natur der dinge in flammen zu stehen! alles was kommt und geht ist flexibel, wandelbar, spielerisch, nicht konkret, nicht starr, nicht beständig. die flammen tanzen und lodern und wechseln von form zu form, die einen schneller, die anderen langsamer. und das ist an sich keine keine schlimme oder beängstigende sache, es ist ein freudenfeuer.

das einzige, was sich diesem freudenfeuer widersetzt sind gedanken. starre gedankenkonstrukte, die die sich wandelnden formen nicht als solche erkennen, sie zu etwas festem, beständigem machen. jedes konzept ist in sich starr und unveränderbar und widerspricht früher oder später den sich wandelnden formen. diese nach sicherheit strebenden, durch angst angetriebenen gedanken greifen wie ein ertrinkender nach jedem strohalm um in den äußeren umständen halt zu finden. sie wollen das, was kommt nicht wieder gehen lassen, suchen in den lodernden flammen nach etwas, das nicht brennt...

aber es ist nicht so, dass diese gedanken nicht auch in flammen stehen würden. sie brennen nur langsamer, so als wären sie aus kohle (oder manchmal aus stein) und nicht aus holz wie die anderen dinge im feuer. aber jedesmal wenn ein starres "wie es sein sollte"-konzept einer züngelnden "wie es ist"-flamme in die quere kommt, wird die glut mehr angefacht, muss auch dieses ding seine form ändern und versuchen im takt der anderen flammen mit zu tanzen.

das, was im feuer nach etwas sucht, das ihm halt gibt, muss sich dabei die finger verbrennen. und durch den schmerz bekommt es den hinweis, dass es nicht nötig ist, sich an etwas zu klammern. dass es besser ist, selber feuer zu fangen und mit zu brennen, dass es ohnehin schon teil des feuers ist.

dieser prozess ist zugleich das schmerzhafteste aber auch das schönste was ich mir vorstellen kann. es ist ein verrückter trip, den ich im wahrsten sinne ganz alleine durchleben muss. davon abgesehen, dass da niemand sonst ist, kann auch von den "scheinbaren jemands" nur ein sehr kleiner bruchteil auch nur annähernd verstehen was mit mir passiert, warum mein leben so chaotisch und anders ist als das der anderen...

aber wenn sich wegen so etwas traurigkeit breit macht, weiß ich, dass nur wieder ein paar weitere träge gedanken dabei sind feuer zu fangen... so, wie der gedanke "es sollte endlich alles verbrannt sein". manche teile des feuers werden wohl für immer langsamer brennen als andere, aber wo ist das problem?

7 Kommentare:

  1. sehr schön - empfinde es auch so.

    LG

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  2. Du scheinst den Trip zu genießen.
    War bei mir nicht immer so, aber im Grunde hab ich's auch genossen, dass es nicht immer so war. :-)
    Ja, wo ist das Problem?
    War da jemals eins?
    Kann da überhaupt wirklich eins sein?
    Fragen, die mir Dankbarkeit geben...

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  3. Danke Christian! Diesen Text habe ich richtig verschlungen, mit tausend JA's. Worte die beschreiben, was unbeschreiblich ist. Die Hitze des Feuers, das sich selbst verbrennt... das blöde ist manchmal nur dass man dabei nicht wirklich stirbt... dass es keinen Ausweg gibt wenn es zu brennen begonnen hat.

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  4. danke für eure kommentare! ja, eva das blöde ist, dass man dabei nicht stirbt, bzw. nicht aufhört zu sterben. kann man diesen trip überhaupt wirklich genießen? ja und nein... irgendwie verliert die sache mit der zeit ihren schrecken und wird genießbar. die erkenntnis, dass all diese dinge jederzeit perfekt sind setzt sich durch...

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  5. Wenn man Sterben als Genuss empfindet kann man's vielleicht geniessen oder wenn man annehmen kann dass es keinen Weg zurück gibt wenn der "Sterbeprozess" begonnen hat. Aber wenn ich so lichterloh brenne, wie Du das so direkt beschreibst, drehe ich fast durch und winde mich in der Hitze wie ein Wurm der am vertrocknen ist. Laufe durch die Gegend uns sehe lebende Tote, die mir meinen eigenen Tod reflektieren... wie eine Zombiewelt, ein Filmstreifen mit Schauspielern die all nur durch mich leben. Es ist mir nicht möglich dem Feuer freudig zu rufen :"Komm und friss mich!";) Und dann ist es umso schöner das reine Bewusstsein (mich) in anderen zu erkennen und die Freude dieses Erkennens still zu geniessen. Es ist einfach so unglaublich paradox!

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  6. genauso empfinde ich das auch! manchmal ist es schon grenzwertig... nah an der grenze zum wahnsinn ehrlich gesagt. es ist hart! und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dieser trip schmerzfrei verlaufen kann. aber das bleibt nicht für immer so... ich bemerke dass es leichter wird, wenn ich hinterfrage was da jetzt so schrecklich sein soll. sind das wirklich lebende tote oder einfach die gleichen ablaufenden prozesse wie in diesem "körper", nur andere wellen in diesem ozean? wenn ich diese ganzen gedanken hinterfrage und erkenne, dass sie nicht stimmen wird all das erträglicher. es gibt kein zurück, da hast du recht, aber nach jedem "kleinen tod" will ich auch garnicht mehr zurück.

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  7. Genießen ist automatisch da, wenn die (nicht wirklich existente) Zeit aus dem Spiel genommen wird, denn dann geschieht alles gleichzeitig, auch der Genuss. Und alles fällt perfekt an seinen Platz, da, wo es hingehört. Auch die Blindheit, die mich jahrelang gelähmt hat - mit zitterndem Körper tagein, tagaus rumgelaufen, Schweißausbrüche vor lauter Angst! Ich bin verdammt dankbar dafür, dass "ich" mir das alles antun musste.

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