Dienstag, 10. Februar 2009

Werdet zu Ahab!

"Sie halten mich für verrückt...aber ich bin von dämonischer Natur, bin der irre gewordene Irrsinn! Der wilde Irrsinn, der nur ruhig ist, um sich selber zu begreifen. Es ward mir prophezeit, dass ich verstümmelt werde, und - fürwahr! Ich verlor dies Bein. Nun aber prophezeie ich, dass ich meinen Verstümmler verstümmeln werde... Mich vom Kurs abbringen? Der Pfad zu meinem erklärten Ziel ist mit eisernen Schienen gepflastert, auf denen meine Seele fest in den Geleisen sich voranbewegt. Über unerforschte Abgründe, durch das durchbohrte Herz der Berge, unter reißenden Flussbetten rase ich unbeirrt vorwärts. Nichts gilt mir als Hindernis, nichts lenkt mich ab von meiner eisernen Bahn!"
- Ahab in Moby Dick

irrsinn ist gesund, normalität ist krank! normalität im sinne von glauben an das "wie es sein sollte", sich stämmen gegen das "wie es ist". normalität im sinne von leben in einem schizophrenem, sich selbst verzehrendem fiebertraum. diese art von normalität ist der wirkliche wahnsinn, diese art von normalität verstümmelt uns immer weiter, solange bis wir anfangen dieses "wie es sein sollte" in frage zu stellen. indem wir aufhören diesen gedanken zu glauben "verstümmlen" wir unseren "verstümmler" und fangen an zu genesen.

"wie es sein sollte" - das schmerzhafte lügengebilde, das labile luftschloss ohne substanz.

"wie es ist" - der verlässliche boden der tatsachen unter unseren füßen. in sich selbst die bestätigung seiner richtigkeit. das einzige gesetz. autarke perfektion. gott.

vielleicht ist es nötig zuerst wie ahab ernsthaft verstümmelt zu werden, bevor der endgültige bruch mit der normalität passieren kann. dann spielt es keine rolle mehr, dass es so aussieht, als würde sich dadurch seiner "dämonischen natur" hingegeben. es ist ja tatsächlich ein schritt hin zur wilden unberechenbarkeit der natur. es ist der umzug aus dem luftschloss des "wie es sein sollte" hinunter auf den festen boden des "wie es ist". auf die eisernen schienen, die schon die ganze zeit da waren. und dieser eisernen bahn wird nun gefolgt, wohin sie auch führt...

"über unerforschte abgründe, durch das durchbohrte herz der berge, unter reißenden flussbetten rase ich unbeirrt vorwärts. nichts gilt mir als hindernis, nichts lenkt mich ab von meiner eisernen bahn."

1 Kommentar:

  1. wie es ist, ist alles, was ist. jedes "mehr" als das, jedes "weniger" als das, jedes ausweichen, selbst das vor den unausweichichen ausweichmanövern, ist nichts anderes als identifizierung mit der "scheinbaren" realität, die nichts als ein traum ist, den niemand träumt und der im besten (oder schlimmsten) fall als traum erkannt wird, worauf alles bemühen ihn zu verändern und selbst das "bemühen", ihn nicht zu verändern, sondern zu akzeptieren, der gewißhheit des "wie es ist, ist es" weicht. danke für diesen wahrhaft desillusionierenden text.

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